Categories
Alltag Webseiten Wirtschaft

Zensur?!
Mein Tag 3 ohne Google.

[Read this post in English]

Leave aside the fact that Google was happy to censor results for China until its servers were hacked. The fact is, Google still censors search results in other countries at the request of their governments. […] Censoring results for years, shifting course for entirely unrelated reasons, and then vilifying competitors who don’t jump on the bandwagon. (Though, of course, completely Google’s prerogative.) But it’s particularly hypocritical when Google is still happily censoring its search and YouTube products for other countries.
http://www.businessinsider.com

Den heutige Post zu meiner Internetnutzung ohne Suchmaschinen habe ich in Berlin geschrieben. Er ist entsprechend staatstragend.

Die indifferente Haltung bis zur willfährige oder sogar vorauseilenden Unterstützung von Unrechtsregimen durch Google, Microsoft und andere Medienkonzerne verdient unsere Kritik in aller Schärfe. Meldungen wie Googles Einlenken gegenüber den französischen Behörden hinterlassen ebenfalls ein Gefühl von Ratlosigkeit. Was passiert, wenn einem so zentralen Teil unserer Kommunikationsinfrastruktur über reine Verwaltungsakte Fesseln angelegt werden?

Offenbar fehlt etwas: die Würdigung von Online-Medien als zunehmend relevante Plattformen unserer politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung, den Online-Medien den staatlichen Umgang und den verfassungmäßigen Rang zuzuweisen, den sie ihrer Bedeutung nach längst verdienen.

Meist wird mit Zensur die gewaltsame Unterdrückung von kritischen oder vom Mainstream abweichenden Meinungen verbunden. Von der Verbannung Ovids über den Index der Kirche, der bürgerlich-autoritären Zensur in Metternichs Deutschem Bund zu den mörderischen Systemen totalitärer Zensur des zwanzigsten Jahrhunderts: es fallen mir beim ersten Nachdenken wenig Gründe ein, warum es Staaten erlaubt sein sollte, freie Rede und deren Zugänglichkeit zu beschränken.

Dennoch gibt es bei differenzierter Betrachtung sehr wohl Gründe, warum wir das Recht zur Auseinandersetzung mit Google haben. Diffemierungen, Rechtsbrüche, Hetze, all das ist mit Grund aus den Medien verbannt worden. Und zu Recht gibt es einen Presserat und die Möglichkeit zur Klage (und zwar nicht nur in Hamburg …). Wir sollten uns nicht einreden lassen, dass unsere Forderung nach der Einhaltung demokratischer Rechte einen “Dammbruch” (was für eine hole Metapher!) der Zensur bedeutet und uns die Legitmation nimmt, gleichzeitig weltweit für unser Verständnis von Meinungsfreiheit zu werben.

Die Forderung, das Internet sei Rundfunk, die der bayerische MInisterpräsident in seiner Eröffnungsrede der diesjährigen Medientage erhoben hat, halte ich für vollkommen Gerechtfertigt. Das Internet tritt nicht nur an die Stelle des Rundfunkts, es leistet schon jetzt weit mehr, was Meinungsbildung, Information und Unterhaltung betrifft, als die Verlage und Rundfunk es je getan haben.

Umso wichtiger ist es, für Pluralität zu sorgen, für eine Vielfalt von Angeboten, zu denen auch staatlich bzw. öffentlich geförderter, kultureller und journalistischer Freiraum gehören müssen.

Auch wenn ich schon den dritten Tag gut ohne Suchmaschinen leben kann, bin ich nicht so naiv zu glauben, dass es sich bei meinem Google-Fasten um mehr als eine zeitlich begrenzte Abstinenz handeln kann: ich will gar nicht auf Dauer und vollständig auf Suchmaschinen verzichten müssen. Ich will aber nicht in Abhängigkeit von ihrer Totalität geraten. Ich wünsche mir, dass sich aus der Mitte der europäischen Gesellschaften heraus eine liberal-bürgerrechtliche Bewegung formiert, die durch attraktive Gegenangebote von der Art von Wikipedia oder OpenStreetMap lautstark ihre Position im Netz artikuliert.

Weiterlesen:
Die bisherigen Posts zum Experiment “Ohne Google”:

und: Virtueller Rundfunk. Mein Plädoyer für eine starke Öffentlichkeit im Internet.