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Slow theory

Slow Media als Diät

Zufall oder Notwendigkeit? Während wir mit Hilfe der kollaborativen Software etherpad unser Manifest verfassten, hat sich der New Yorker Blogger Kirby Ferguson ebenfalls mit dem Thema Slow Media befasst. Allerdings eher – ziemlich neujahrsgemäß – mit Slow Media als Vorsatz für das neue Jahr. Er veröffentlichte auf seinem Goodieblog die “Slow Media Diät“, die er den gesamten Januar durchhalten und auf seinem Blog darüber berichten möchte:

I want to minimize technologies that cause my mind to race, daydream, or fly off on hyperlink-y tangents.

Die Zielsetzung dieses medialen Heilfastens ist allerdings eine andere als wir mit unserem Manifest verfolgen. Uns geht es nicht darum, auf digitale Medien oder das Internet zu verzichten (bei Kirby heißt es: “Anything on paper is ok”), sondern gerade um das Annähern an einen trägerunabhängigen Begriff von Slow und Qualität. In diesem Sinne: Gut (“slow”) gemachte und inspirierende Webseiten, DVDs oder Computerspiele “are ok”. Aber die Idee einer medialen Fastenzeit und die Diskussionen, die sich darum entfaltet haben, sind trotzdem sehr spannend.

2 replies on “Slow Media als Diät”

Mit zunehmendem Abstand zum ersten Lesen des Manifests scheint sich für mich die diskursive Blase um ein neues (bzw. in den deutschen Sprachraum neu importiertes) Buzzword leider als eben solche zu erweisen: Vor allem Spannung an der Oberfläche. Medientheoretische bzw. -didaktische Gemeinplätze werden in modischer Manifest-Form unter neuem Label aggregiert, als “slow” bezeichnet und dann wird munter entlang einer neuen Unterscheidung operiert (“Medium x ist “slow” (d.h. “gut”), gdw. es Kriterium y erfüllt oder in Weise z gehandhabt wird.”).

Damit soll einigen Kerngedanken einzelner Thesen des “Manifests” in keiner Weise ihre Berechtigung abgesprochen werden, Qualität beispielsweise ist für viele Funktionen von Medien eine zentrale Forderung (ob für Journalismus im System der Massenmedien, für die Programme der Wissenschaft etc. – kontextabhängig und relativ zum jeweiligen Medium und seiner Funktion); ich frage mich nur, welche Funktion das Manifest selbst erfüllen soll, auf welches Problem es eine Antwort geben mag, kurz: wozu das alles? Dass es bei Veränderungen im Zuge des Wandels gesellschaftlicher Hauptverbreitungsmedien zu Irritationen kommt, ist bekannt. Dass Gesellschaften Wege finden müssen, mit diesen Herausforderungen umzugehen, sich auf sie “einzustellen”, ebenso. Und auch die Erkenntnis, dass Errungenschaften als Resultat der Beschäftigung mit und in vorangegangenen Medien nicht ad hoc über Bord geworfen werden, ist gleichermaßen sinnvoll wie offensichtlich (so wird Sprache nach gewissen Regeln benutzt – die zwar wandelbar sind, aber nie völlig aufgegeben werden). Das Schlagwort “slow media” als Alarmsignal, Gedächtnisstütze, normativ aufgeladenes Immunsystem? Ein heroisches Statement, das den mahnenden Zeigefinger nutzt – aber davor warnt?

Mein Fazit: Es wurde eine arbiträre Unterscheidung eingeführt, durchdekliniert und (wie auch anders?) in der Praxis bestätigt gefunden. Natürlich lässt sich so arbeiten (und man kann dann Luhmanns Zettelkasten oder ein Kochbuch in die neue Kategorie ein- oder aussortieren). Ein Schritt nach hinten (eine neue Unterscheidung, die eben jene erste beobachtet) offenbart dann aber genau diese Arbitrarität. Ich hoffe jedenfalls, hier noch ein paar Hintergründe zur Eurer Initiative zu erfahren. Vielleicht wird mir dann auch klarer, wie das Vorhaben “Slow Media Manifest” gemeint sein könnte… “slow” um der slowness Willen kann nicht die Antwort sein. Und absolute Qualität jenseits des jeweiligen medialen Kontextes auch nicht, oder?

Bin gespannt. Beste Grüße, Sebastian

[cross-kommentiert in “Slow Media als Diät” und “Das Slow Media Manifest”]

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