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Die Langsamkeit der Duftatome

Luca Turin - PerfumesWenn es ein Medium gibt, das wirklich durch und durch slow ist, dann ist es der Duft. Lukrez schrieb schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert über die “Langsamkeit der Duftatome”:

Langsam naht sich der Duft auf irrender Bahn und vorher oft / Schwindet er allzu leicht in das Luftreich mählich zerfließend. / Erstlich löst sich nur schwer der Geruch aus dem Innern der Stoffe. / Denn daß er wirklich den Tiefen entströmt und den Dingen entweichet, / Dafür gibt den Beweis, daß alles Zerbrochene stärker / Riecht und Zerriebenes und vom Feuer gründlich Zerstörtes.

Langsam, nachhaltig, tief, aber auch die Flüchtigkeit, wenn keine gute Rezeptionssituation hergestellt ist – viele Elemente von Slow Media finden wir in diesem Abschnitt aus der Natur der Dinge.

Der inspirierendste Duftforscher der Gegenwart ist unserer Ansicht nach Luca Turin, der zwei Schlüsselwerke über den guten Duft geschrieben hat: “The Secret of Scent” sowie “Perfumes: The A-Z Guide”. Letzteres mag nach Einkaufsführer klingen, ist aber in Wirklichkeit eine umfassende Sammlung sehr prägnanter und poetisch geschriebener Kurzkritiken von Düften. Auch hier kann man eine enge Verflechtung von online und offline beobachten. Zwar handelt es sich nicht um “ausgedrucktes Web”, aber Luca hat die Bücher nach der Veröffentlichung über Blog und Webseite online weitergeschrieben und einen Leser dazu inspiriert, ein komplettes digitales Inhaltsverzeichnis des Guides inklusive aller Parfüm-Bewertungen zu erstellen, der mittlerweile auch auf der offiziellen Buchhomepage herunterzuladen ist. Das Blog ist nicht mehr aktiv, lässt sich aber als 548seitiges PDF-Dokument herunterladen … und in Ruhe durchlesen.

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Slow theory

Slow Media als Diät

Zufall oder Notwendigkeit? Während wir mit Hilfe der kollaborativen Software etherpad unser Manifest verfassten, hat sich der New Yorker Blogger Kirby Ferguson ebenfalls mit dem Thema Slow Media befasst. Allerdings eher – ziemlich neujahrsgemäß – mit Slow Media als Vorsatz für das neue Jahr. Er veröffentlichte auf seinem Goodieblog die “Slow Media Diät“, die er den gesamten Januar durchhalten und auf seinem Blog darüber berichten möchte:

I want to minimize technologies that cause my mind to race, daydream, or fly off on hyperlink-y tangents.

Die Zielsetzung dieses medialen Heilfastens ist allerdings eine andere als wir mit unserem Manifest verfolgen. Uns geht es nicht darum, auf digitale Medien oder das Internet zu verzichten (bei Kirby heißt es: “Anything on paper is ok”), sondern gerade um das Annähern an einen trägerunabhängigen Begriff von Slow und Qualität. In diesem Sinne: Gut (“slow”) gemachte und inspirierende Webseiten, DVDs oder Computerspiele “are ok”. Aber die Idee einer medialen Fastenzeit und die Diskussionen, die sich darum entfaltet haben, sind trotzdem sehr spannend.

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Zettel

Luhmanns Zettelkasten

Niklas Luhmann hat seine abertausend Seiten über das Verhältnis von Systemen, Kommunikationen und Semantiken gar nicht alleine geschrieben. Die in poppigen Suhrkampfarben beschrifteten Buchrücken mögen zwar alle nur von “Luhmann” sprechen, aber in Wirklichkeit waren es zwei Personen, die die soziologische Systemtheorie gemeinsam erfunden haben. Die gemeinsam jedes erdenkliche soziologische Thema – sprichwörtlich Gott und die Welt (und den Teufel) – zerlegt, neu zusammengesetzt und in die jeweils passende Schubladen eingeordnet haben. Die gemeinsam ein feines Gespür für das Verlangen vieler Soziologen, Pädagogen und Philosophen für durchgehaltene Ironie ohne Brechung oder Auflösung entwickelt haben und diesen Markt grandios gesättigt haben. Die gemeinsam immer abseitigere Schriften skandinavischer Soziognostiker ausgegraben haben und durch ausgiebiges Referenzieren in den Fußnoten (hierzu bitte diesen Text lesen) zu veritablen Grundlagentheoretikern noch gar nicht existierenderer Wissenschaften gemacht haben. Man sagt, hinter jedem erfolgreichen Mann stehe eine starke Frau. Hinter Luhmann stand sein Zettelkasten.

Ich vermute, jeder angehende Soziologe hatte einmal eine Phase, in der er versucht hat, sich ebenfalls aus Karteikarten, Holzkästen und Miniaturschrift einen Zettelkasten als Gesprächspartner heranzuzüchten. Die Aussichten, die Luhmann in seinen wenigen Zettelkasten-Gebrauchsanleitungen malte, klingen auch zu verlockend:

Meine Produktivität ist im wesentlichen aus dem Zettelkastensystem zu erklären.

Was für eine Vorstellung! Man muss sich nie wieder durch lange Bücher wälzen. Einfach ein paar Zettel aus dem Kasten ziehen und der Text schreibt sich von allein. Das Schöne: Es funktioniert nicht; diese Schreibmethode ist nicht reproduzierbar. Und so verwandeln sich die meisten Zettelkasten nach kurzer reger Betriebsamkeit wieder in wunderbar langsame Medien, die ab und zu einen entscheidenden Funken Inspiration abgeben können. Aber der Zettelkasten kann keine Bücher schreiben und auch keine Gespräche bei einem guten Glas Rotwein führen. Wie schön!

Sehr zu empfehlen ist jedenfalls die Lektüre von Markus Krajewskis Zettelwirtschaft: Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek, in dem es nicht nur um Niklas Luhmann, sondern auch Arno Schmidt. Außerdem hat Krajewski mit synapsen auch eine digitale Version des Zettelkastens entwickelt wie auch Daniel Lüdecke (zkm3).

Dank an Christoph Bieber, Jan Passoth und Cornelius Puschmann für die Idee zu diesem Blogbeitrag.

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Bücher

Lion Feuchtwanger – Erfolg

Lion Feuchtwanger - ErfolgEiner der ergiebigsten Wege, um die Bayern kennenzulernen, führt über Lion Feuchtwangers brillianten ersten Band der Wartesaal-Trilogie, “Erfolg” (geschrieben 1927-30).

Nicht nur erkennt man hier, wie München oder Altbayern funktionieren (der BR hat sich in einem Web-Feature den nur unwesentlich verschlüsselten Schauplätzen des Romans angenommen), erfährt viel über das Verhältnis von Kultur/Kunst und Politik in den 1920er Jahren, sondern hier sieht man deutlich, aus welchem kleinbürgerlich-größenwahnsinnigen Milieu sich der Nationalsozialismus entwickelt hat. Feuchtwanger schreibt über die Machtergreifung, brennende Bücher und über Konzentrationslager weit bevor anderen diese Schreckensbilder geläufig waren. Bayern kommt, so möchte man auf den ersten Blick meinen, in diesem Roman nicht allzu gut weg:

Die Bewohner des Landes waren seit alten Zeiten Ackerbauern, städtefeindlich. Sie liebten ihren Boden. Sie waren zäh und kräftig, scharf im Schauen, schwach im Urteil. Sie brauchten nicht viel; was sie hatten hielten sie mit Händen, Zähnen und Füßen fest. Langsam, träg vom Denken, nicht willens, für die Zukunft zu schuften, hingen sie an behaglich derbem Genuß. Sie liebten das Gestern, waren zufrieden mit dem Heute, haßten das Morgen.

Doch auch diese plumpe Kritik an den Bayern wird von dem gebürtigen Münchner Feuchtwanger immer wieder ins satirische überzogen, denn diese Kritik ist genauso “scharf im Schauen, schwach im Urteil” wie die kritisierten. Nein, der “Erfolg” ist dialektisch durch und durch. So ist das hier porträtierte Bayern nicht nur die Ordnungszelle, in der jede kritische Stimme ausgeschaltet wird, sondern immer wieder wird diese Struktur durchkreuzt, unterlaufen und übertreten von den chaotischen Eigensinnigkeiten der sturköpfigen Protagonisten. Bayern, das ist das Ganze, oder wie es Herbert Achternbusch so passend zusammengefasst hat: “In Bayern gibt es 60 Prozent Anarchisten und die wählen alle die CSU”.

Was Feuchtwangers Roman zu einem Paradebeispiel für Slow Media macht, ist die mühelose Kombination von großem Umfang bzw. sehr detaillierten psychologischen Schilderungen und dem Gefühl, mit den ersten Seiten in den Roman hineingezogen zu werden. Genau davon schwärmt übrigens auch Dieter Hildebrandt in dieser sehenswerten Dokumentation. Feuchtwangers “Erfolg” ist auf jeden Fall eines der drei definitiven Bücher über Bayern.

“Erfolg” gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Percy Adlon.

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Bücher

Marcella Hazan und die Geduld beim Pastakochen

Marcella Hazan - Die klassische italienische Küche
Für einen Italiener muss es schwerste Seelenfolter bedeuten, mit anzusehen, wie hierzulande Tomatensaucen für Pastagerichte gemacht werden. Man muss gar nicht so weit gehen und auf die Testimony: stilistischen und texturellen Fehler bei der Kombination Главные von Nudel und Sauce Zettel’s eingehen. cheap mlb jerseys Es reicht, zu sehen, wie eine dünne Tomatenpassata kurz erwärmt und mit einer Kräutermischung Mediterran verfeinert wird, um dann über die weichgekochten The Nudeln, die wholesale mlb jerseys natürlich als erstes auf dem Herd standen, gegossen zu werden. Schließlich ist doch einer der großen Vorteile von Nudelgerichten, dass sie so schnell gehen. Schnell gekocht und schnell gegessen. Die Kochbücher von Marcella Hazan, allen voran ihr großes blau-oranges Buch über die “Klassische italienische Küche” sind die beste Medizin gegen diese Unsitte. Bei ihr fängt jedes Pastagericht mit der Sauce an. Wenn Tomaten im Spiel sind, heißt es 超有型的iPod bei ihr: so lange köcheln lassen, How bis sich das Öl oben absetzt, also oft eine dreiviertel Stunde. Man könnte auch sagen: bis die Sauce nicht mehr nach rohen Tomaten schmeckt, sondern nach Italien. Slow. Nur bei einer Sauce muss man sich ein bisschen beeilen: bei der Carbonara aus Ei, Pancetta, Romano und Parmesan. cheap jerseys Sonst bekommt man Nudeln mit Rührei.

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Musik

The Astounding Eyes Of Rita

Anouar Brahem - The Astounding Eyes Of Rita
Ziemlich düster wirkt die cheap MLB jerseys neue Veröffentlichung “The Astounding Eyes Of Rita” des tunesischen Oud-Meisters Curls Anouar Brahem. Als würde die lange schwedische Winternacht auf einmal über dem Maghreb eingebrochen sein. Traum Vielleicht liegt’s auch daran, dass Brahem diese wholesale NBA jerseys Stücke zusammen mit dem deutschen wholesale NFL jerseys Bassklarinettisten Klaus Gesing und dem schwedischen Bassisten Björn Meyer eingespielt hat? Oder es ist das tragisch-zerrissene Gedicht габардин “Rita and the Rifle” von anyone Mahmoud Darwisch, das New für diese schwermütige, aber nie hoffnungslose Stimmung verantwortlich war? Bis die Tage wieder länger werden, wird mich dieser kosmopolitsche Soundtrack und vor The allem der cheap nba jerseys unheimlich leicht dahingeworfene Singsang Brahems noch öfters verblüffen.

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Bücher Hörbücher

Zettel’s Traum

Arno Schmidt - Zettel's TraumOb es literarische Werke gibt, die den Leser auf eine ähnlich geniale Weise zur Langsamkeit verdonnern und gleichzeitig mit einem babylonischen Stimmendurcheinander umschwirren, wie Arno Schmidts in jeglicher Hinsicht übergroßes Werk cheap mlb jerseysZettel’s Traum“? Aber dieses mehrsprachige Gezwitscher ist nicht etwa flüchtig, sondern hallt nach. Besonders eindrucksvoll, wenn man sich dem Text mit Finding verteilten Sprecherrollen nähert wie zuletzt in der Münchner Galerie Royal demonstriert. Bei einem Glas Wein von Freunden die Absonderlichkeiten wholesale jerseys dieses “Poe” vorgetragen zu a bekommen ist ein großartiger Genuss. Die von Joachim Kersten, Bernd cheap jerseys Rauschenbach und Jan Philipp Reemtsma gelesene Hörbuchversion ist nur ein schwacher Ersatz. Planning Wer angesichts der fast eineinhalbtausend dichtbeschriebenen Seiten – hier gibt es passend dazu den Zettel des Tages – einen anderen Einstieg zu Arno Schmidt wünscht, dem sei die Zürcher Kassette empfohlen, in der seine wichtigsten Erzählungen und Romane zusammengefasst sind. Leider ist die schöne im Haffmanns Verlag – 2001 insolvent – erschienene Ausgabe nur noch antiquarisch erhältlich. Ein noch kleinerer, aber nichtsdestoweniger faszinierender Einstieg ist die Erzählung “KAFF auch Mare Crisium” – fesselnd, visionär und durch die deftigen Gerichte von Tanndte Heete auch kulinarisch empfehlenswert.