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Wired Magazine

“We know a lot about digital technology, and we are bored with it. Tell us something we’ve never heard before, in a way we’ve never seen before.”

Das ist die Vision von Louis Rosetto. Durch diese Vision motiviert, gründete er Wired 1993 – in dem Jahr, in dem mit Mosaic der erste Browser verfügbar war, der das Internet tatsächlich als Medium erscheinen lies. Und bis heute ist Wired die verlässliche Chronik des Internet-Zeitalters.

Das faszinierende an Wired ist dabei die Position, die das Medium einnimmt. Es steht wunderbar erhoben zwischen dem technokratischen Positivismus der Computer- und PC-Zeitschriften einerseits und dem Kulturpessimismus der klassischen Feuilletons andererseits, bei denen oft schon allein durch den digitalen Analphabetismus ihrer Redakteure eine relevante inhaltliche Auseinandersetzung verhindert wird.
Wired ist anders. Wired ist radikal liberal, offen, ja gerade süchtig nach Wandel – stets ohne Verantwortlungslosigkeit das Wort zu reden. Neben der Freude über die Veränderungen von Kommunikation, (Welt-)Gesellschaft und -Kultur, zieht sich die Auseinandersetzung über Klimawandel und Nachhaltigkeit genau wie über Bildungs- und Gesundheitspolitik von Anfang an durch die Reportagen. Die einzige Lösung sieht Wired in Fortschritt, und zwar nicht nur in technologischem, sondern gerade in gesellschaftlich-kulturellem. Ein schönes Beispiel dafür ist “der Aufstand (oder Aufstieg?) der Neo Green“.

Legendär ist der Stil: Typografie, Layout und insbesondere der Einsatz von Sonderdruckfarben machen das Heft jeden Monat zu einem optischen Genuss. Stilprägend war auch von Anfang an die Übertragung der Inhalte ins Internet, der Hotwired-Style. Und allem Paid-Content-Gerede zum Trotz verkauft sich das gedruckte Heft wohl gerade weil (und nicht obwohl) die Inhalte sofort kostenlos online verfügbar sind – und bleiben.
Großartig auch, wie alle Beiträge mit Original-Fotostrecken illustriert und bereichert werden.

Die “Kreide-Tertiär-Grenze” der Online-Welt: die Stapelhöhe der Jahrgänge 2000 und 2001 zeigt anschaulich, was unter Krise verstanden werden kann.


The medium, or process, of our time-electric technology- is reshaping and restructuring patterns of social interdependence and every aspect of our personal life. – Programmatisches McLuhan-Zitat aus der ersten Ausgabe


18 Jahre – konstant guter Stil



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13 replies on “Wired Magazine”

Großartiger Artikel! Die Gegenüberstellung der Ausgaben 2000/ 2001 ist beeindruckend, kannste ja gleich wieder machen am Ende des Jahres!
Von wem kommen die Ausgaben alle? Alle von dir jbenno?

ja, alles meins. Interessanter Weise ist der Bruch 2008/2009 nicht vergleichbar. Die Ausgabe 12/2000 hatte über 400 Seiten! So hypertroph war (zumindest die dot.com-)Blase diesmal wohl nicht.

Ist es nicht so, daß nur “ausgewählte” Inhalte des Magazins online verfügbar sind?
Zumindest schien mir das in der Zeit als ich noch Abonnent war so gewesen zu sein.

das war in den ersten Jahren so – zeitweise waren Wired Magazine und wired.com auch komplett getrennte Unternehmen. Bis auf einzelne Fotos ist heute wirklich das ganze Heft online – wobei, und das finde ich in Richtung unserer Publisher-Diskussion auch bemerkenswert – online auf wired.com ja sogar noch mehr Content steht, als im Heft, offenbar ohne dem Heftverkauf gefährlich zu werden.

“Wandelsüchtig” – das gefällt mir sehr gut. Und hast du damit nicht vielleicht eine Art Zunkunftsfähigkeitskriterium für Print-Medien (oder Medien überhaupt) formuliert?

… und bei aller Wandel-Freude (Hysterie?) bietet das Heft ausgesprochen viel Beständigkeit, gerade, was die Darbietung des Inhalts betrifft. Damit fällt die Orientierung auf jeden Fall leicht.

Klar, sinnvoller Wandel setzt Zentriertheit voraus. Es fordert die Bereitschaft, sich neu zu erfinden verbunden mit der Fähigkeit, seine Identität zu wahren und sich selbst treu zu bleiben. Ein Kunststück also, das nur mit einer klaren Identität gelingt (eine gute Nachricht!).

Zumindest die “Bühne” bietet ein vertrautes Bild. Das Stück wechselt öfters …

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